Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein werden in manchen Sprachen „Kaninchen“ genannt (beispielsweise “зайцы” auf Russisch, “triušis” auf Litauisch und “jänesed” auf Estnisch). Diese Bezeichnung geht möglicherweise auf den französischen Ausdruck „courir comme un lapin“ (wörtlich „wie ein Hase rennen“) zurück. Vielleicht dachte man auch einfach nur an ein Tier, das schnell läuft und hoch springt.
Ohne gelösten Fahrschein zu fahren, wird auf Deutsch als „Schwarzfahren“ oder „Beförderungserschleichung“ bezeichnet, auf Englisch „fare evading“, „fare dodging“ oder „planking“. „Rabbits“ oder „Schwarzfahrende“ springen nicht nur über Absperrungen und laufen den Kontrolleurinnen und Kontrolleuren davon, sie organisieren sich auch zu Gemeinschaften und gründen Foren in Apps, auf Webseiten oder in den sozialen Medien. In Echtzeit teilt man sich dort mit, wo Kontrollpersonen unterwegs sind und wie man ihnen entgehen kann.
Die Forscherin Louise Sträuli hat Schwarzfahrende in der Brüsseler Metro beobachtet und interviewt. Ihr Fazit lautet, dass man aus ganz verschiedenen Gründen zur Schwarzfahrerin bzw. zum Schwarzfahrer werden kann. Die strafbare Beförderungserschleichung hat bei einigen Schwarzfahrenden finanzielle Gründe. Andere verbinden damit eine politische Aussage. Mit dem Schwarzfahren werden die Regeln für das Verhalten in der Öffentlichkeit für den Personennahverkehr neu definiert. Der öffentliche Personennahverkehr wird in einem praktischen und zugleich politischen Sinne noch öffentlicher, d. h. offen und für jeden zugänglich.
Nachwuchswissenschaftlerin an der Tallinn-Universität und an der Freien Universität Brüssel (ULB).
Nachwuchswissenschaftlerin an der Tallinn-Universität und an der Freien Universität Brüssel (ULB).