Wissen Sie eigentlich, wie Haltestellen zu ihrem Namen kommen? Die Benennung einer Haltestelle ist keine neutrale Handlung. In der Regel werden Haltestellen einfach nach den öffentlichen Plätzen in ihrer Nähe benannt. In anderen Fällen wählen die Behörden Namen, die Ausdruck bestimmter Werte der herrschenden sozialen Gruppen sind oder an die offizielle Geschichte des Landes erinnern sollen. Die Franzosen ehrten zum Beispiel Napoleon, indem sie einen Bahnhof in Paris nach dem Schauplatz seines Sieges benannten: Austerlitz. An seine Niederlage soll dagegen der Bahnhof Waterloo in London erinnern. Frédéric Dobruszkes, Experte für Transportgeographie, hat den sozio-politischen Hintergrund aller 69 Metrostationen in Brüssel erforscht und ist dabei auf Interessantes gestoßen.
So gibt es in Brüssel eine Haltestelle, die nicht etwa nach den Hauptplätzen (Place Van Meenen und Barrière de Saint-Gilles) in ihrer Nähe benannt ist. Namenspatron ist vielmehr Victor Horta, Architekt und Vertreter des Art Nouveau. Ihren Namen verdankt die Haltestelle Horta somit nicht den örtlichen Gegebenheiten, sondern politischen Erwägungen, denn in den 1990er Jahren besann man sich auf den Art Nouveau, der als identitätsstiftendes Element der neuen Hauptstadtregion Brüssel angesehen wurde. Wie dieses Beispiel zeigt, sind Namen nichts Zufälliges, sondern es kann ein bewusster politischer Akt dahinter stehen. Wissen Sie, wie die Haltestelle bei Ihnen um die Ecke zu ihrem Namen kam?
Wissenschaftler mit Schwerpunkt Transportgeographie an der Freien Universität Brüssel (Université libre de Bruxelles, ULB) (Belgien).
Wissenschaftler mit Schwerpunkt Transportgeographie an der Freien Universität Brüssel (Université libre de Bruxelles, ULB) (Belgien).